Kognitive Dissonanz: 5 Tipps, wie Sie Ihren Kunden die Kaufentscheidung erleichtern
Wer kennt nicht den inneren Konflikt und die innere Zerrissenheit: „Soll ich oder soll ich nicht? Ach, wenn es nur nicht so schwer wäre, die richtige Entscheidung zu treffen…“
Einerseits schmeckt ein frisches Weißbier großartig. Es ist genau richtig den Tag entspannt ausklingen zu lassen. Nicht umsonst haben viele Menschen für sich erkannt: „Bier ist mein Yoga.“
Andererseits wissen wir alle um die gesundheitlichen Gefahren: Alkohol ist ein Zellgift, es schädigt nicht nur die Leber. Dick und träge macht es obendrein. Das passt nicht zu einem sonst überaus sportlichen Lebenswandel.
Hier zeigt sich kognitive Dissonanz: ein Spannungsfeld zwischen Verhalten und Erleben auf der einen und Wissen, Werten, Einstellungen (oft, aber nicht immer die „Stimme der Vernunft“) auf der anderen Seite. Da wir dieses Spannungsfeld bzw. diesen Bruch als überaus belastend erleben, möchten wir die Situation natürlich so schnell wie möglich auflösen. Für obiges Beispiel gibt es letztlich drei teils auch kombinierbare Möglichkeiten, um mit sich wieder ins Reine zu kommen, also Konsistenz zu erlangen:
- Verhaltensänderung
Wir ändern unser Verhalten und trinken kein Weißbier mehr. - Rechtfertigung und Bestärkung
Wir suchen gezielt nach Argumenten bzw. Rechtfertigungen, warum Weißbier doch nicht so schlimm und unser Handeln schon in Ordnung ist. („In Maßen genossen, schützt Alkohol die Gefäße sogar vor Ablagerungen.“)
Auf den Punkt bringt dies Äsops Fabel vom Fuchs und den Trauben: Eigentlich möchte der Fuchs die saftigen Trauben nur allzu gerne fressen. Nur hängen sie leider viel zu hoch. Er schafft es einfach nicht, sie zu erreichen. Anstatt sich nun dies einzugestehen, redet er sich die Situation schön, indem er konstatiert: „Ich möchte die Trauben gar nicht fressen. Sie sind noch unreif und deshalb viel zu sauer“. - Selektive Wahrnehmung
Wir ignorieren jegliche (negative) Fakten und praktizieren die Vogel-Strauß-Methode.
Kognitive Dissonanz im Online-Marketing
Dienstagabend, kurz nach neun. Im Büro ist viel zu tun, es ist mal wieder spät geworden. Auf dem Nachhauseweg ein kleiner Abstecher zum Kudamm: ein wenig Windowshopping, um den Kopf frei zu bekommen. Im Schaufenster des Elektronikhändlers entdecken wird das brandneue Galaxy von Samsung. Schick! Und mit erstklassigen Kameras ausgestattet.
Keine fünf Minuten später lacht uns im Flagship-Store von Apple das neue iPhone an. Mit dem edlen Korpus und der schlanken Silhouette ein wahrer Blickfänger nicht nur für Design-Puristen. Und auch die Ausstattung ist vom Feinsten. Noch bevor wir uns dessen bewusst werden, löst der Reiz einen Kaufimpuls, ein Gefühl der Verlockung aus: Kaufen! Jetzt! Sofort! Am besten gleich online. Also gleich danach gegoogelt und auch schon ein Angebot gefunden.
Doch halt! Erst ist das limbische System in unserem Kopf mit der Bewertung am Zug. Es prüft Erfahrungen, Erinnerungen, Erlebnisse – und ja, auch Botschaften, die in der Vergangenheit durch die Werbung aufgenommen und verinnerlicht wurden: z.B. den Status durch diese noch immer recht exklusive Marke. Hinzu kommt die Stimulanz. Denn jeder Kauf geht mit einem gewissen Prickeln einher. Der Kauf ist fast schon gewiss, wäre da nicht eine kritische Stimme in unserem Kopf: Sie mahnt zur Besonnenheit und Sparsamkeit: „1.150 € für das Pro-Modell? Das ist schon happig! Zudem hast Du doch noch ein funktionierendes Smartphone. Und wenn Du schon ein neues haben möchtest, dann wähle doch das deutlich Preiswertere von Samsung.“
So geht dieser innere Titanenkampf, das Ringen um die Entscheidungshoheit eine Weile hin und her. Wir suchen nach Argumenten, warum es sich trotz des hohen Preises lohnt, ein iPhone zu kaufen: Design. Nutzerfreundlichkeit. Langlebigkeit. Ausstattung. Und entdecken schließlich auch noch eine Aktion, in dem uns – NUR HEUTE! – 20 % Rabatt angeboten wird. Erst jetzt ist die Entscheidung klar. Wir greifen zu!
Diese kleine Geschichte illustriert das Dilemma der kognitiven Dissonanz im Marketing. Unsere Einstellungen und Werte (z.B. Sparsamkeit und Vernunft) stehen hier im Konflikt mit dem Wunsch, ein zugegeben nicht ganz billiges iPhone zu kaufen. Wir suchen deshalb gezielt (und überaus selektiv) nach dissonanzreduzierenden Informationen, die uns in der (eigentlich schon gefallenen) Kaufentscheidung bestätigen. Finden wir dies nicht oder nicht ausreichend, sehen wir von einem Kauf ab.
Genau deshalb ist es für Webshops so wichtig, kognitive Dissonanzen sowohl vor als auch nach dem Kauf so weit wie möglich zu verhindern.
Antizipierte Dissonanz: Das vorweggenommene Bedauern der Kaufentscheidung
Die antizipierte, also gedanklich vorweggenommene Dissonanz findet bereits während des Kaufprozesses statt. Sie führt nicht selten zu einem Bestellabbruch oder zumindest zu einem Bestellaufschub.
Nachkaufdissonanz (NKD): Die Reue nach dem Kauf
Benötige ich das Produkt tatsächlich? Hält es, was es verspricht? Und habe ich es auch tatsächlich zum günstigsten Preis gekauft? Kaum ist der Bestellbutton geklickt, beschleichen etliche Käufer bereits erste ernsthafte Zweifel. Was, wenn sie die falsche (Kauf-)Entscheidung getroffen haben? Gerade wenn Käufer vor der Wahl zwischen mehreren Produkten standen (z.B. Apple vs. Samsung) und sich nur mit Mühe zu einer Entscheidung durchringen konnten, gerade dann schwingt oft noch eine hohe Verunsicherung mit. Denn die Entscheidung für den Nutzwert von Produkt A (z.B. Design von Apple) geht stets einher mit einem Verzicht auf den Nutzwert von Produkt B (z.B. Technische Ausstattung und günstiger Preis von Samsung). Mitunter erfährt das nicht (!) gekaufte Produkt im Gehirn des Kunden sogar einen – wenn auch meist nur zeitweisen – Wertzugewinn.
Die Folge: Zahlreiche Bestell-Stornierungen und hohe Rücksendequoten. Und noch schlimmer: Verstimmungen bei den Kunden. Letztere führt oft dazu, dass schlechte Bewertungen abgegeben werden und die Firma einen langfristigen Reputationsverlust erleidet.
Die Lösung: Bestätigen der Kunden in ihrer Kaufentscheidung
Bestätigen Sie Kunden in ihrer Kaufentscheidung – sowohl während als auch nach dem Kauf.
- Nennen Sie ihnen Gründe, warum sie sich richtig entschieden haben.
- Platzieren Sie auf der Produktinformationsseite Trust-Elemente wie Test-Ergebnisse (z.B. Stiftung Warentest), Bewertungen, Stimmen zufriedener Kunden und Auszeichnungen (z.B. Red Dot Design Award).
- Wiederholen Sie eine Auswahl dieser Trust-Elemente auch auf Ihrer Bestellbestätigungsseite und in der Bestellbestätigungs-E-Mail.
- Nutzen Sie überdies affirmative (bestätigende) Botschaften auf Ihre Bestellbestätigung.
Gratulation!
Sie haben sich mit dem (Produktname) für ein Spitzenprodukt entschieden.
Neben Ihnen haben sich seit Jahresanfang bereits weitere 1.254 Kunden für dieses Produkt entschieden. Kein Wunder, schließlich wurde (Produktname) bereits mehrfach für sein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis ausgezeichnet. - Machen Sie rege von der Nachkaufkommunikation Gebrauch
Fragen Sie beispielsweise automatisch fünf Tage nach dem Versand per E-Mail nach der Zufriedenheit mit dem Produkt. Verweisen Sie hierbei auf Ihr umfangreiches Service-Angebot (Telefonischer Support, Forum, Live-Chat etc.). Somit stellen Sie sicher, dass eine etwaige Unzufriedenheit noch im Keim aufgelöst werden kann.
Bitte behalten Sie stets im Hinterkopf: Je zufriedener Ihre Kunden sind, umso länger ist deren Kundenlebenszyklus. Und dies bedeutet für Sie bares Geld. Denn erfahrungsgemäß erfordert es den 8- bis 10-fachen Kapitaleinsatz um einen Neukunden zu gewinnen als einen Bestandskunden zu halten. Ihre Investition in das Nachkaufsmarketing ist folglich gut angelegt. Überdies hat jeder Ihrer Kunden das Potential zum Multiplikator und Markenbotschafter. Auch und gerade in der digitalen Welt stellt die informelle Meinungsäußerung („Word-of-Mouth“) von Konsumenten einen erheblichen Erfolgsfaktor dar. Denn das höchste Gut ist nach wie vor Vertrauen.