Prinzip der Verknappung

„Mach Dich selten und Du wirst gelten. Mach Dich rar und Du kommst klar.“ Dies gilt im Privaten wie im Geschäftlichen. Der Grund: Limitiert verfügbare Güter üben einen besonderen Reiz auf uns aus. Sie wecken Begehrlichkeiten. Schließlich sind sie nicht umsonst so rar. Und wer möchte sich schon diese einmalige Chance entgehen lassen? Eben! Denn wer ein seltenes Produkt ergattert, fühlt sich als Gewinner. Und genau deshalb greifen wir oft spontan zu, auch wenn kein akuter Bedarf nach der Ware besteht. Allein der subjektive Wert entscheidet. Das Prinzip dahinter: Verknappung - teils real vorhanden, teils künstlich inszeniert, aber immer sehr wirksam.

Jürgen Zöllner

Jürgen Zöllner 14. Juli 2021 ·

Knappheit erzeugt Reaktanz

Verkaufspsychologen sprechen in diesem Kontext oft von Reaktanz als Motivator. Gemeint ist damit das Gefühl bei Konsumenten, in ihrer Entscheidungsfreiheit massiv eingeschränkt zu sein. Schließlich können sie aufgrund limitierender Faktoren nicht beliebig auf das Produkt zugreifen. Und aus diesem unangenehmen Gefühl erwächst oft der starke Wunsch, das Produkt nun erst recht haben zu müssen. (Übrigens: Genau dieses Phänomen führt dazu, dass die Zensur von CDs entgegen der ursprünglichen Intention der Zensoren sogar noch verkaufsfördernd wirkt. Nicht wenige Künstler, besonders aus der Gattung der Gangster-Rapper, hoffen deshalb allein aus Marketing-Gründen auf eine Indizierung ihrer Songs durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien noch vor dem Erscheinen der Platte.)

Möglichkeiten zur Erzeugung von Knappheit
Je knapper das Gut, desto begehrenswerte erscheint es oft in den Augen der Konsumenten. Welche Möglichkeiten gibt es nun, mit diesem Prinzip Ihre Abverkäufe anzukurbeln? Im folgenden Schaubild finden Sie die vier stärksten Hebel:

Das Prinzip der Verknappung

Sehen wir uns nun die vier Limitierungsfaktoren etwas genauer an.

a) Stückzahl
Nehmen wir an, Sie sind Verleger und möchten ein bereits tausendfach gedrucktes Buch mit einer hohen Gewinnmarge verkaufen. Sagen wir, es handelt sich dabei um die Bibel. Es dürfte kaum einen Haushalt geben, in dem diese Buch noch nicht zu finden ist. Und dennoch gibt es eine Möglichkeit, zum Kauf zu animieren. Statten Sie da Buch sehr hochwertig aus („Hergestellt und handgebunden in deutschen Meisterbetrieben...“), limitieren Sie die Auflage auf nur wenige Exemplare („Streng limitierte Auflage von nur 1.999 Exemplaren...; Nur solange der Vorrat reicht!“) und vertreiben sie es exklusiv über ihre Website („Exklusive bei...“). Et voilà! Schon können Sie ein Buch, das in der einfachen Ausgabe bereits ab 9,99 EUR erhältlich ist, zum 500-fachen des regulären Preises verkaufen. Und wenn Sie diesen Preis dann auch noch als Sonderpreis oder Vorkaufspreis ausweisen, dann haben Sie die Sympathien der Kunden auf Ihrer Seite.

Oder werfen wir einen Blick auf Amazon. Auch dieser Händler arbeitet mit dem Prinzip der Verknappung der Stückzahl. „Nur noch 2 auf Lager“ – Wer wird da noch lange nachdenken? Vielleicht ist der Bestand ja schon morgen aufgebraucht. Wer weiß, wie lange es dann dauert, bis weitere Exemplare nachgeliefert werden? Eben! Und genau deshalb neigen Konsumenten in solchen Situationen dazu rasch zu bestellen.

Auch Fluglinien wissen um den Hebel der Verknappung. So „warnt“ easyJet die Nutzer mit dem Hinweise „Nur noch 1 Sitzplatz übrig“. Besonders clever: Um die gebotene Eile bei der Buchung zu unterstreichen, zeigt easyJet überdies an, wann für diese Strecke zuletzt gebucht wurde.

Wichtig: Wenn Sie sich entscheiden, die (nur) noch vorhandenen Stückzahlen darzustellen, dann müssen (!) diese allein aus juristischen Gründen korrekt sein. Sollten sie dies aus logistischen Gründen nicht zu 100% sicherstellen können, dann bedarf es eines Zusatzes à la „mehr ist unterwegs“ (Amazon) oder „zu diesem Preis“. Andernfalls werden sich schnell missgünstige Mitbewerber finden, die Ihnen Post vom Rechtsanwalt zukommen lässt. Überdies würden auch Ihre Kunden schnell verstimmt das Weite suchen. Denn auch diese wittern schnell eine etwaige Manipulation – und stimmen in der Konsequenz mit den Füßen ab. Achten Sie deshalb stets auf Plausibilität und Authentizität.

b) Nachfrage
Ein langes Wochenende steht vor der Tür. Endlich mal wieder richtig abschalten und die Seele baumeln lassen. Entschleunigung pur - das ist es, was Ihnen und Ihrem Partner vorschwebt. Und wo ist dies besser möglich, als in einem tollen Wellness-Hotel im schönen Brandenburg? Also machen Sie sich auf, ein ebenso gutes wie preiswertes Wellness-Hotel zu finden. Sie werden auch schnell fündig. Das Hotelangebot klingt sehr verführerisch, einzige die Übernachtungskosten sind doch, nun ja, etwas ambitioniert. Doch herrje, es gibt nur noch ein Zimmer und zeitgleich zu Ihnen betrachten weitere 6 (!) Personen dieses Angebot. Überdies fand die letzte Buchung erst vor knapp einer Stunde statt. Sie spüren, dass Ihnen die Zeit wegläuft. Also heißt es handeln. Auch wenn Sie ursprünglich nur ein geringes Budget vorgesehen haben und noch weitere Hotelangebote sichten wollten.

Prinzip der Verknappung: Nachfrage
Screen: www.booking.com

Zusammenfassen lässt sich konstatieren: Je stärker die Nachfrage und je begrenzter die Verfügbarkeit, umso mehr gewinnt das Produkt an subjektiven Wert. Sehr zum Wohle des Anbieters. Denn der Preis rückt in diesem Moment deutlich nach Hinten.

c) Zeitliches Limit
Die Sanduhr läuft. Nur noch 12 Stunden. 5 Leute haben auch bereits zugegriffen und sich dieses vermeintliche Schnäppchen gesichert. Warum also noch lange fackeln? Sie greifen zu. - Einige Unternehmen nutzen die zeitliche Limitierung, um die Kaufentscheidung zu beschleunigen. Beispielsweise Otto mit dem „Deal des Tages“ oder Groupon mit einer Begrenzung des Angebotes auf nur wenige Tage.

d) Exklusivität
Nur für Premium-Mitglieder: Angebote, die bewusst einem eingeschränkten Kundenkreis vorbehalten sind, gewinnen an Attraktivität und somit an Wert. Beispiel hierfür sind Sonderangebot, die nur Newsletter-Abonnenten erhalten oder exklusive Produkte, die nur von Kunden mit der goldenen Premiumcard erworben werden können. Aber auch geschlossene Shopping-Communities wie MYBESTBRANDS nutzen dieses Prinzip.

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